Warum ist Pernod kein Pastis?
Pernod und Pastis sind beides beliebte Anis-Spirituosen aus Frankreich, aber sie haben einige wesentliche Unterschiede in ihrer Zusammensetzung, Herstellung und Geschichte. Lassen Sie uns diese Unterschiede genauer betrachten und beginnen mit Pastis:
Wie ist Pastis entstanden?
Pastis entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Reaktion auf das Verbot von Absinth-Spirituosen. Denn der Absinth-Missbrauch führte zu extremen gesundheitlichen Problemen und trieb so manchen Konsumenten nahezu in den Wahnsinn, wie man damals sagte. Literatur und Kulturgeschichte liefern etliche Erzählungen und Beispiele davon, man denke nur an den Maler van Gogh oder an Romanfiguren von Emile Zola.
Schuld daran waren die giftigen Bestandteile der Absinth-bzw. Wermut-Essenz, Thujone und Carvon. Doch weil der prägende Duft und Geschmack dieser Spirituosen-Art der Anis war, vermutete man zunächst, dass auch dieses Gewürz für die halluzinogene Wirkung verantwortlich sei. Nebenbei bemerkt: Dieser Irrtum hielt sich noch Jahrzehnte im Allgemeinwissen und im Hören-Sagen.
Nicht jedoch in der französischen Provence, wo Anisliköre äußerst beliebt waren und bis heute sind. Die Einheimischen wussten sich zu helfen, stellten Anislikör heimlich selber her und verkauften ihn “unter der Hand”. Sie nannten ihn “Pastiche” (Nachahmung). Daraus leitet sich das Wort Pastis ab. Je nach dem, was die Natur der Region zu bieten hatte, entstanden viele verschiedene Rezepturen, die teils bis heute erhalten sind. So spiegelt sich zum Beispiel im Pastis des Alpes oder Pastis A L’Ancienne die Kräutervielfalt der Alpen und Pastis Huguet ist ein Vertreter aus dem benachbarten Andorra.
Der Ersatz-Schnaps
Der Gesetzgeber hatte bald ein Einsehen und erlaubte ab 1922 wieder die Herstellung von Schnäpsen mit Anisaroma. Er legte aber auch ein Limit für den Alkoholgehalt von 40 Prozent fest bzw. wenig später von 45 Prozent für den Pastis de Marseille. Für Likör war das recht hoch. Aber damit war gewissermaßen allen geholfen: Absinth blieb verboten, Anislikör war wieder legal und er durfte sogar so kräftig wie Schnaps sein.
Pastis wurde dann schnell populär und verkörpert seit den 1930er Jahren im Ausland französische Kultur und Lebensart.
Wo kommt Pernod her?
Pernod hat seinen Ursprung viel früher, im Jahr 1805, als Henri-Louis Pernod in Pontarlier die erste Pernod-Destillerie gründete. Der Anislikör wurde ursprünglich als Absinth hergestellt, der ein beliebtes Getränk in der Belle Époque war. Nach dem Absinth-Verbot stellte Pernod die Rezeptur um und brachte 1920 einen neuen Anis-Aperitif ohne Wermut auf den Markt – et voilà, ein Liqueur Anisée!
Pernod ist ein Anislikör, dessen Haupt-Geschmacksträger der Sternanis ist. Er enthält zwar auch Auszüge von weiteren Gewürzen und Kräutern, sein Geschmack erscheint aber weniger komplex als der von Pastis. Im Gegensatz zum traditionellen Absinth enthält er keinen Wermut, aber deutliche Süße.
Anis im Fokus oder Vielfalt im Geschmack? Sie haben die Wahl!
Der große Unterschied jedoch liegt in der Herstellung von Pernod. Während beim Pastis der Auszug von Süßholz (Lakritz!), das im Mittelmeerraum zuhause ist, eine unverzichtbare Zutat ist, verzichtet man darauf im Pernod gänzlich. Und während für Pernod die Botanicals einzeln destilliert und anschließend zusammengeführt werden, setzt der Pastis für gewöhnlich auf das Verfahren der Mazeration. Hier werden Zutaten mit neutralem Alkohol und Öl angesetzt, um die Aromen zu entziehen.
Pastis ist also wie Pernod ein Anislikör, aber seine Rezeptur ist vielfältiger und umfasst neben Sternanis auch Lakritze, Fenchel, Koriander und eine Vielzahl anderer Kräuter und Gewürze. Pastis ist geschmacklich vielschichtiger als Pernod, teils auch süßer. Beide werden traditionell mit einem Würfel Eis und (stillem) Wasser als Aperitif genossen.